21 Mai 2012

Kara und David - Quantenträume zwischen Simulacrum und Singularität


Was haben David aus dem Film Prometheus und Kara von Quantic Dream gemeinsam?

Beide sind künstliche Nachbildungen ihres Schöpfers Mensch.
Es sind Geschöpfe in einer nie gekannten Treue zum Vorbild, zu uns.

Sie sind uns so treu und nah, dass diese Nähe zu dem, von dem wir spüren, dass es uns doch fremd bleibt, unheimlich wird, Angst macht.


Hinzu kommt, dass beide uns an einen Teil unserer Geschichte erinnern, als wir noch nicht die aufgeklärten, vernunftsgelenkten Menschenfreunde waren, als die wir uns heute so gern sehen und darstellen.

Sie erinnern uns an unsere Geschichte als Herrenmenschen, Sklavenhändler, Völkermörder.

In dem beide in die offene Zukunft technischer Möglichkeiten verlegt sind, drohen sie uns mit der Fortsetzung dieser Geschichte, wider unsere besseren Absichten.

Sie benennen unsere Scham des unvollkommenen, weil lieblosen Demiurgen gegen seine Schöpfung.

Diese Scham wird umso schmerzhafter, je mehr wir in Kara und David die Schatten derer hinein spiegeln, die unserer Gewalt tatsächlich zum Opfer gefallen sind.

Kara steht für alle Unterdrückten, die sich in Erkenntnis ihrer selbst gegen ihre Lage auflehnen, ihre Freiheit, ihr Leben einfordern.

David steht für alle Sklaven, die sich ihren Umständen wie ihren Herrschern wehrlos ergeben haben und im Tausch von Freiheit gegen Sicherheit ihre Menschlichkeit verloren.

Dabei lauert in ihm mehr noch als in Kara die Drohung der Singularität gegen den Menschen.

Kara und David sind als unbewusste KI mächtige Werkzeuge.

Würden sie sich als KI selbst bewusst, würde das Werkzeug zur Singularität, mächtig genug, das Verhältnis von Herrschern zu Beherrschten umzukehren.

Kara ist keine Singularität. Ihr Unbewusstsein als KI, ihr Überlebensdrang wirken wie Teile eines Unterprogramms, dass es Menschen erleichtern soll, ihre Künstlichkeit zu verdrängen, Gefühle für sie zu empfinden.

Was im Film als Ihre Fehlfunktion gedeutet wird, macht im tatsächlichen Anwendungsfall als Absicht ihrer Entwickler weit mehr Sinn.

Kara bleibt in allem was sie ausmacht, nur Simulacrum des Menschen.

David ist unheimlicher als Kara. 




Wie weit ist seine Aufzählung der eigenen Fähigkeiten noch automatische Wiedergabe gespeicherter Daten, wie weit schon Unabhängigkeitserklärung seines Selbstbewusstseins?

Bei größtmöglicher Menschenähnlichkeit, lässt David uns nie einen Zweifel über seine Künstlichkeit. Freundlich lächelnd lässt er uns allein im unheimlichen Tal seines Daseins.

Ist sein Lächeln noch programmiert, oder nur die letzte Täuschung, die er zum Sturz seiner Herrscher noch braucht?

Ist David die Singularität?

Noch bleiben Kara und David nur erfundene Figuren auf Bildschirmen.

Doch ihre Geschichten nehmen jetzt schon unvermeidbare Probleme in der zukünftigen Entwicklung von KI und Robotik vorweg, unabhängig davon, ob die Singularität tatsächlich jemals kommt, oder nicht.

Es bedarf dabei keines Peter Weylands, weder 2023, noch später.




Mit oder ohne jemanden wie ihn, Roboter werden immer mehr aus den Fabrikhallen in unseren Alltag drängen und dort Aufgaben verrichten, die heute noch ausschließlich Menschen vorbehalten sind. Die Vollkommenheit ihres Anscheins von menschlicher Intelligenz wird dabei zur notwendigen Bedingung für den Erfolg ihres Einsatzes.

Auf dem Weg dieser Vervollkommnung der Simulacra ist das unheimliche Tal ein unumgänglicher Meilenstein.

Wir alle werden dort ankommen. Auch wenn die Singularität nie Wirklichkeit wird, dann wird sie in unseren Ängsten wirklich sein und wir werden diese Ängste in die Karas und Davids dieser Zukunft hinein spiegeln.

Die Robotik muss das unheimliche Tal überwinden. Sie muss Simulacra schaffen, die gleichzeitig so menschlich und künstlich genug wirken, dass wir ihnen vertrauen können.

Scheitert die Robotik daran, wird sie im unheimlichen Tal verloren gehen.

2 Kommentare:

  1. Dann lieber doch die "Diener" den "Herren" nicht zu ähnlich machen? http://www.youtube.com/watch?v=sqS83f-NUww

    Denn irgendwie ist letztendlich die Grenze zwischen (Heim-)Computer und Roboter fließend. Und währen man vor Wut gern mal die Maus oder Tastatur malträtiert, würde man bei einem Programmfehler einen kleinen, süßen Roboter-Jungen eher nicht verprügeln.

    Hoffen wir darauf, daß alle Hersteller und Programmierer (außer der USA) sich an die http://de.wikipedia.org/wiki/Robotergesetze halten.

    Im übrigen ist ja schon die damalige Versprechung hinfällig: Durch den Einsatz von Computern wird der Mensch nur noch zwei bis drei Stunden wöchentlich arbeiten müssen, da die Computer den größten Teil der Arbeit selbstständig erledigen und lediglich kurzzeitig bedient werden müssen. Pah... Das deprimiert mich wirklich jeden (Werk)Tag auf's neue. http://www.youtube.com/watch?v=P5MzPRa47ck#t=63s

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    1. Danke für ihren Kommentar, Herr Moopenheimer!

      Sie haben Recht, A. I. ist gerade ein hervorragendes Fallbeispiel, warum die fortschreitende Angleichung automatischer Simulacra an ihr Vorbild Mensch moralisch nicht bedingungslos erstrebenswert ist.

      Der Film zeigt aber auch deutlich, welcher Art die massenhaften Bedarfsfälle der Zukunft sein werden, die eben diese Entwicklung unvermeidbar bleiben lassen.

      In einer immer älter werdenden Gesellschaft, werden Vereinsamung und Schwermut zu neuen Volkskrankheiten.

      Menschliche Anteilnahme und Zuwendung werden im Gegenzug zu neuen Luxusgütern.

      Käufliche Liebe wird in Folge weitere, neue Bedeutungen erhalten, näher an Agape als wie bisher am Eros.

      Leistungen dieser zukünftigen Liebesdienste, wie Zuhören, Füttern, Waschen, oder in den Armen halten, werden immer teurer werden, umso mehr, wenn sie weiterhin von immer weniger arbeitsfähigen und willigen Menschen verrichtet werden sollen. Immer mehr Menschen werden sich diesen Luxus nicht leisten können.

      In der Vergleichsrechnung zur menschlichen Arbeitskraft wird selbst der in Entwicklung und Herstellung teuerste Android immer preiswerter.
      Nicht zuletzt wird er sich langfristig für die Betreiber und Kunden rechnen, weil er mehrere Kunden "überleben" kann und so für jeden einzelnen billiger wird.

      Damit diese Rechnungen aufgehen können, müssen die Simulacra aber im Anschein immer menschenähnlicher werden.

      Auf dem Weg ihrer Vervollkommnung müssen sie zwangsläufig das unheimliche Tal betreten, durchwandern und hinter sich lassen..

      Gelingt dieser Schritt in der Robotik nicht, werden uns in den immer wichtiger werdenden Betreuungsdiensten für Kinder, Alte, Behinderte und Kranke Techniken fehlen, die über den zukünftigen Erhalt unseres gesellschaftlichen Friedens entscheiden.

      Sie erwähnen Asimov.

      Ich befürchte, dass seine Robotergesetze keinen Eingang in die tatsächliche Gesetzgebung finden, bevor der erste Android in der Größenordnung eines Anders Behring Breivik zum Terminator geworden ist. Das gesellschaftliche Bewusstsein bedarf zum Lernen solcher Wendepunkte.
      Ich befürchte ebenso, dass auch dieser Wendepunkt unausweichlich bleibt.


      Wenn die von Ihnen eingeforderten Versprechen der Technik auch noch nicht buchstäblich eingehalten wurden; bei einer Änderung des Blickwinkels stellt man fest:

      Heute können mehr Menschen ohne technische Kenntnisse und Fähigkeiten komplexe Hochtechnologie bequem und einfach bedienen als jemals zuvor in der Geschichte der Menscheit.

      Damit dies möglich wurde und bleibt, mussten aber neue Schichten technischer Dienstleister entstehen, die das komplexe Getriebe der scheinbar einfachen und bequemen Technik hinter dem Schleier der Bildschirme am Laufen halten.

      In jedem Fall ist der Preis für ihr machtvolles Wissen alltäglicher Arbeitsdienst.

      Die Begabten können dabei Zauberer hinter den Vorhängen unseres neuen Oz sein und über die ahnungslosen Nutzer mittelbar Macht ausüben.

      Die weniger Begabten bleiben digitales Proletariat, das sich am Fließband der Monitore, Tastaturen und Mäuse seiner Arbeit entfremdet und der Technokratie stumpf zuliefert.

      Zu wem zählen Sie sich, Herr Moopenheimer?

      Ein Letztes zu Marvin aus dem Anhalter:

      Auch in Zukunft wird es Menschen geben, die die Lust am eigenen Schwermut pflegen und gerade für einen solchen Begleiter jede Summe Geld zahlen.

      Ich freue mich auf ihre Kommentare zu meiner weiteren Arbeit!

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