Incipit

 

Die Motivation diesen Blog zu veröffentlichen, hat sich seit dem ersten Beitrag in 2005 stark gewandelt.

Am Anfang war mein Blog Ausdruck eines Zeitgeistes, der sich selbst längst überholt hatte, als dieser Autor entschloss ihm zu folgen. Der wieder einmal zu spät Gekommene merkte auch noch nicht, dass dieser Zeitgeist krankte, nämlich am CorelDraw Clipart Syndrom.

1989 hatte CorelDRAW dem bespielhaften privaten Herausgeber der Schrebergarten-Vereinszeitung von Klein-Hassenichgesehen zum ersten Mal und auf einen Schlag gefühlte 80 Phantastillionen Clipart-Bildchen, Rahmen und sonstigen Layout-technischen Deko-Ramsch in die vorfreudig zitternde Hand gelegt. Die als Verheißung gehauchte Aufforderung: Gehe hin und gestalte!

Das Ergebnis: gefühlte 80 Phantastillionen publizierte Seiten im folgenden Jahrzehnt und immer wieder der zwanghafte Versuch, auf jeder! einzelnen! Seite! jedes verfügbare! CorelDraw! Clipart! unterzubringen!

Die Spätfolgen: Augenkrebs als Volkskrankheit, der vorzeitige Niedergang des Massenjournalismus, aber auch trotzige Reaktionen wie die junge WIRED und TEMPO.

Warum die Weblogs der frühen 2000er Jahre am selben Syndrom krankten? Aus den Cliparts wurden virtuelle Druckpressen für alle, aber die zwanghaften Mechanismen des Zeitgeistes blieben die selben: Alles muss rein! Alles muss raus!

Onkel Heinzens lange verschollen gehofften Urlaubserinnerungen, Omas letzte Hautkrankheit, die Lieblings-Dogge mit ihrem Lieblings-Häufchen... alles rein! Alles raus!

Kein Missverständnis! Auch für all das und viel mehr ist das Internet groß genug. Inzwischen finden diese Inhalte in seinen Twitters, Facebooks und MySpaces auch ihren angemessenen Platz und ihre angemessene Würdigung. All das gehört und es gehört genau dort hin.

Das Blog als persönliches Ausdrucksmittel, gleichzeitig als persönliche Ausdrucksform war und bleibt zu höherem berufen, anders. Selbst größere Geister wie Leo Laporte begreifen die wichtige Bedeutung dieser Unterschiede in der Vielfalt des Internet bis heute noch nicht. Ein kommender Beitrag wird darauf näher eingehen. Im Versuch, die Grenzen zwischen den Ausdrucksformen aufzuheben, löschen sie auch deren einzigartige Eigenschaften und riskieren so für alle ihre Inhalte die Bedeutungslosigkeit.

Wenn man erkennt, dass man Teil des Problems ist, wie wird man Teil der Lösung?

So abgehoben es klingt, der Weg zum richtigen, zum eigenen Blog ist Teil des Weges zu sich selbst. Auch dieser Autor ist noch lange nicht angekommen, aber auf dem richtigen Weg.

Der erste Schritt, die unvermeidliche Erkenntnis: Es interessiert keinen Menschen, was ich schreibe!

Was jetzt? Resignieren und aufhören? Resignieren und weitermachen wie bisher? Oder umdenken?

Umdenken! Aber wohin? Schwierig zu beantworten, ohne Hilfe von außen. Doch wer sucht, der findet sie.

Danke, Merlin Mann! Sie haben mir gezeigt, wie ich mir die richtigen Fragen stelle.

Warum brauchst Du deinen Blog?

Weil ich ein Autor bin.

Liest Du deine eigenen Texte?

Nein.

Warum sollen sie dann andere lesen?

!!!

Wie müssten deine Texte sein, damit Du sie liest?

!!!

Was bietest Du deinen Lesern?

Deutungen und Meinungen zu meinem Thema, manchmal kontrovers, immer interessant und unterhaltsam, nie langweilig.

Was ist dein Thema?

Alles mögliche.

Wer braucht noch einen Blog über alles mögliche?

!!!

Was interessiert Dich?

Die Wechselwirkungen im Spannungsfeld zwischen Technik, Memetik, Religion und Philosophie.

Welche Blogs über die Wechselwirkungen im Spannungsfeld zwischen Technik, Memetik, Religion und Philosophie gibt es schon?

!!!

So denkt man um. So erkennt man was man will, aus dem, das man nicht will. So wird aus irgend einem Blog von irgend jemandem über irgend etwas, mein Blog über mein Thema.

10. 02. 2019
seit der letzten Fassung dieses Textes ist dieses Blog immer weitere Tode gestorben, so wie ich.

Das Leben geht weiter.
Gehen wir mit?