22 Juni 2005

Europa ist tot! Es lebe Europa!

Viele Europa-Experten werfen Tony Blair in diesen Tagen vor, er wäre der Totengräber der Europäischen Union.
Machen wir uns nichts vor! Wenn Großbritanien die Präsidentschaft übernimmt, macht Tony endlich den sinnlos offen stehenden Deckel zu.
Damit werden wir alle von einem betäubenden Verwesungsgestank befreit, der die EU seit zwanzig Jahren immer deutlicher durchweht.

Der Anfang vom Ende der Europäischen Union war die Ablösung des wirtschaftlichen Sachzwangs durch den politischen Sachzwang.
Bis in die Siebziger hinkten die politischen Strukturen Europas den Fakten hinterher, die durch den Druck des Marktes längst geschaffen waren.
Was Profit brachte, wurde gemacht. Das erklärte Ziel war die heute als ach so unvisionär verschmäte Freihandelszone. Visionen hob man sich damals entweder für Einweihungsreden, oder für den Therapeuten auf.
Dieser technokratische Ansatz hat Europa voran getrieben.
Dieser Ansatz war jedem Europäer vermittelbar.
Irgendwann gingen dem europäischen Markt die noch unerreichten Ziele aus. Er reagierte wie immer, mit Konsolidierung.
Doch was sollten jetzt die armen Bürokraten tun, die bis jetzt den Antrieb verwalten durften? Sie ersetzten Ziele durch Visionen, traten auf 's Gas und flüchten seit dem vor der Realität und dem europäischen Volk.
Fragt man einen europäischen Bürokraten seitdem nach der Legitimation der EU, klingt er so hysterisch, wie der Bulldozer-Führer in "Per Anhalter durch die Galaxis":
"Das ist eine Umgehungsstraße! Und Umgehungsstraßen MÜSSEN gebaut werden!!!"

Vor diesem Hintergrund darf das Veto der Franzosen und Niederländer gegen die EU-Verfassung niemanden überraschen.
Es ist viel überraschender, dass Europa solange bis zum endgültigen Infarkt durchgehalten hat.

Was jetzt?
Die Notbremse ist gezogen. Die Osterweiterung der EU ist nicht abgeschlossen, sie hat gerade erst angefangen. Europa hat damit seine erste Wiedervereinigung seit 50 Jahren noch vor sich. Deutschland weiss, was das für die nächsten 50 Jahre bedeutet. Europa braucht keine bürokratischen Visionen mehr. Wir haben wieder neue Märkte, mit neuen, unerreichten Zielen.
Wenn Europa diese Ziele erreicht hat, ist es vielleicht bereit für eine vollmitgliedschaft der Türkei...

Hoffen wir auf die Rückkehr der Technokraten.

Hoffen wir, dass Blair ein Wiedergeburtshelfer ist.



http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20370/1.html
http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C08AD6B3E60C4EA807F/Doc~ED0AB0D1EE37F49A09AD3428182AC93C9~ATpl~Ecommon~Scontent.html
http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~ED06D0F48D7DC4D83BCA7A3C90069F91D~ATpl~Ecommon~Scontent.html

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