11 Juli 2005

Krieg der Welten - Untergang der Zauberer

Ich mußte einen Tag später diese Kritik im Spiegel online lesen, um eine
Ahnung davon zu bekommen, was mir Steven Spielberg mit seinem neusten Film
sagen will:
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,362796,00.html

Ohne diese Kritik hätte ich diese Chance nicht bekommen, der Film selbst gibt
sie nicht her.
Ich bin auch immer nicht ganz sicher, ob Daniel Haas den selben Film wie ich
gesehen hat, wenn er Parallelen zum Holocaust und zum11. September 2001 zieht
und aus Tom Cruise und Dakota Fanning "(Spielbergs) eigene Orpheus und
Eurydike" schafft.
Hier interpretiert jemand am cineastischen Desaster solange herum, heraus und
hinein, bis auch die größte Enntäuschung schön gedeutelt wurde.

Kann es ein vernichtenderes Urteil über einen Spielberg geben, als das man ihn
sich vom Feuillton erklären lassen muß?
Seine Klassiker hatten das nicht nötig. Ihre Botschaften waren unmittelbar,
ohne platt zu sein.

Mit Krieg der Welten stürzt Spielberg in eine tiefere Identitätskrise als
Woddy Allen, als dieser daran scheiterte Ingmar Bergmann zu imitieren.
Spielberg scheitert daran, sich selbst zu imitieren.

Zwar beweist er auch hier seine Meisterschaft in der Darstellung des privaten
Mikrokosmos seiner Figuren. Eine von der Kritik gern übersehene Fähigkeit,
die schon in "Der Weiße Hai" für Menschlichkeit und Glaubwürdigkeit sorgt.
Was Spielberg Tom Cruise in der Darstellung eines an sich selbst gescheiterten
White Trash der "Just Do It!"-Generation abverlangt, geht bis an die engen
Grenzen von dessen Talent.
Kommunikation mit seiner Ex-Frau und seinen Kindern ist nur noch in banalen
Witzen oder verbaler und physischer Aggression möglich.
Auch wenn Tim Robbins den Prototyp eines alles Fremde und Mächtige hassenden
UNA-Bombers gibt, wird Spielbergs klarer Blick auf das private Amerika
deutlich.
Aber er stellt dieser trost- und hoffnungslosen Realität keine positive Vision
mehr entgegen. Ist die Menschheit am Ende auch vor den Aliens gerettet,
bleibt sie doch weiter sich selbst ziellos überlassen.
Die von den Aliens industriell betriebene Ausrottung der Menschheit, lässt den
Zuschauer dabei seltsam unberührt. Zu keinem Zeitpunkt gelingt es Spielberg,
eine emotionale Bindung zwischen seinen Protagonisten und dem Publikum
aufzubauen.
Doch nur die Protagonisten bieten einen greifbaren Bezugspunkt für das
Schicksal der untergehenden Menschheit an und da dieser fehlt, bleibt bis zum
überflüssig zuckerigen Ende nur leere Teilnahmslosigkeit.

All das könnte noch von einer atemberaubenden Tricktechnik vor dem entgültigen
Desaster gerettet werden.
Doch gerade hier zeigt sich das größte Problem des Films.
Spielberg hat die Lust am Effekt verloren.
Rein formal ist an den dargestellten Aliens nichts zu Mäkeln. Sie sind riesig.
Sie sind gnadenlos. Sie sind tödlich.
Und trotzdem lassen sie den Betrachter kalt.
Ihre Auftritte sind lieblos in Szene gesetzte Materialschlachten. Das Ausmaß
der von ihnen angerichteten Vernichtung ist so überwältigend, dass auch hier
jeder Bezug zum individuellen Leid verlorengeht.
Was vor diesem unpersönlichen Hintergrund bleibt, ist die ganz private Krise
einer weißen amerikanischen Unterschichtsfamilie.
Und keiner der Darsteller bringt das nötige Talent mit um diese Krise
überzeugend zu vermitteln.

Das der werktreue Plot zum Ende hin immer weniger in unser beginnendes
Zeitalter der Genetik passt, ist da nur eine Enttäuschung unter vielen.

Die Glaubwürdigkeit der absoluten Überlegenheit dieser außerirdischen Rasse
mag im 1898 von H. G. Wells bestanden haben, heute ist sie dahin.

Spielberg beendet sein Trauerspiel mit dem letzten Versuch eines Selbstzitats.
Aber auch der scheitert.
Das zuckerige Happy-End gerät viel zu verlogen um zu berühren.

Was ist aus den großen Zauberern Hollywoods geworden?
Nach George Lucas scheint nun auch Steven Spielberg seine Gabe verloren zu
haben, über Bilder etwas zu vermitteln, das über die Bilder hinausgeht.

Bleibt die Hoffnung, dass diese Krise in einen Neuanfang führt.

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