28 März 2010

Das geheime Deutschland - Die Entwicklung eines Mems

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Jenseits der Arbeiten von Franz Wegener findet man selten Beispiele für die wissenschaftlich ebenso korrekte wie spannende Anwendung der Memetik auf gesellschaftlich relevante Fragen. Zwar ist der Begriff des Mems, nach Jahren der Ignoranz nun auch im deutschen Medienbewusstsein angekommen, wurde auf dem Weg aber zur Unkenntlichkeit verstümmelt und zu einem Synonym für sozio-kulturelle Trends deformiert. Seine Bedeutung für das Verständnis ideengeschichtlicher Ketten von Ursache und Wirkung droht so verloren zu gehen, noch bevor sich die Memetik als Forschungszweig in Deutschland definieren konnte.



Zum Glück gibt es Gegenbewegungen und als ihr Ergebnis Texte wie diesen.

Beispielhaft für die Möglichkeiten eines memetischen Forschungsansatzes wird hier nachgewiesen, wie aus der von Stefan George formulierten Idee des "Geheimen Deutschlands" eine Wirkungskette entstehen konnte, die sich vom Ideal der Antike in der deutschen Spätromantik gespeist, von den ariosophischen Impulsen der Moderne aufgeladen bis in die Bildungspolitik deutscher Gegenwart zieht.

Besonders interessant ist dabei die ambivalente Beziehung dieses Mems zu den gegensätzlichen Konzepten von Elite und Avantgarde. Überhaupt scheint erst die memetische Perspektive Beziehungen zwischen historischen Personen und ihren Handlungen aufzudecken, die sonst bestenfalls ignoriert, schlimmstenfalls tabuisiert bleiben. Sei es die bruchlose Linie von Stefan Georges im Kern antidemokratischhem Kreis zu den Bildungsidealen der deutschen 68er und über sie zu den Mißbrauchsskandalen von 2010. Sei es der unverstellte Blick auf Objekte demokratischer Heldenverehrung wie Schenk Graf von Stauffenberg und Marion Gräfin Dönhoff und ihrem Verhältnis zu einem völkischen Mystizismus.

Wieder bietet die Memetik auch hier neue und unbequeme Antworten auf längst bewältigt geglaubte Fragen unserer Vergangenheit und Gegenwart.




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