09 November 2021

Thomas Gottschalk ist mir unheimlich

 

Wetten dass?! war mir schon damals unheimlich, als es noch nicht der exhumierte, untote Kadaver war, sondern nur die verlässlich vorhersehbar langweilige, gequält unlustige und ja, immer wieder Frauen und alles andere Fremde verachtende Reliquie namens "Große Samstag Abend Show".


Dabei gab es eine Zeit, als diese Show eine Seele hatte.

Diese Seele hat einen Namen:

Frank Elsner.


Sie war verloren als Gottschalk kam.


Schon er war nur der erste in der Folge der Nachlassverwalter, der Abwickler.


Die Kritik an Markus Lanz ist in der Rückschau ungerecht.


Er bekam den undankbaren Job des Totengräbers der viel zu spät gerufen wurde.


Jetzt erwartet alle Welt, dass ich die aufgebahrte Leiche schön finde.


Dass ich an ihrem faltig fahlem Fleisch meine Kindheitserinnerungen wärme.


Warum?

Weil ich jetzt gefälligst in diesem Alter sei, in dem Mensch die Vergänglichkeit der eigenen Jugend leugnen möchte.


Das ist nicht Fernsehen als Lagerfeuer.


Das ist Fernsehen als Ein Mann Disco im Altenheim.

Auf Dauerschleife.


Gottschalk als Betäubung vor meinem eigenen Sendeschluß?


Verzeih mir Welt, ich bin noch nicht soweit.


Ich bleibe auf YouTube und schaue noch ein paar Folgen Hot Ones.


3 Kommentare:

  1. Lieber Werner,
    viele Ansichten haben wir gemein, viele Meinungen teilen wir. In Bezug auf "Wetten dass ..?" muss ich hier aber ein entschiedenes Veto einlegen. Natürlich kannst du zurecht behaupten, dass 14 Millionen Fliegen sich doch irren können, wenn es um den "Scheißhaufen" der deutschen TV-Landschaft geht. Allerdings hilft manchmal auch ein Perspektivwechsel: Denn Thomas Gottschalk hat eindeutig bewiesen, dass er allein in der Lage ist, "aus Scheiße Gold zu machen".

    Selbstverständlich ist Gottschalk kein "Wetten dass"-Grandseigneur des Typus' Frank Elstner. Aber er hat eindrucksvoll bewiesen, dass er dem totgeglaubten Format, welches von Wolfgang Lippert in erster Instanz und später von Markus Lanz zugrunde gerichtet wurde, wieder Leben einhauchen konnte.

    Und nein, die Kritik an Markus Lanz in der Rückschau ist nicht ungerecht. Denn Markus Lanz hat sich zwar ebenso wie Gottschalk in den Mittelpunkt der Sendung gestellt, er hat aber im Gegensatz zu Gottschalk einen Fehler gemacht: Er hat sich ernstgenommen.

    Natürlich kann man von "Kadaver" sprechen, wenn man eine dezente Anspielung auf Gottschalks Alter machen will. Er hat aber immerhin gezeigt, dass er im Gegensatz zum Kadaver nicht tot zu kriegen ist. In den zahlreichen RTL-Shows interessiert sich kein Schwein für ihn – aber "Wetten dass ..?" ist seine Show, seine Bühne.

    Um ehrlich zu sein, habe ich jede Minute genossen. Außer natürlich die Viertelstunde, in welcher die blöde Töle versucht hat, Müll zu trennen. Ich hatte allerdings nahezu durchgehend das Gefühl, Doc Brown hätte den alten Toto zurück in die späten 80er-Jahre geholt. Einen langen Moment lang wurde mir warm ums Herz. Fast so, als wäre "Wetten dass ..?" ein wärmendes TV-Lagerfeuer ��

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    1. Ach Toto,
      was schätze ich noch mehr als freundliche Zustimmung?
      Richtig, mit Vernunft und Herz geführten Widerspruch.
      Dafür in jedem Fall Danke!

      Ich begebe mich jetzt mal auf die Suche nach unserer Schnittmenge.
      Und ich gestehe, meine Duldung von Markus Lanz überrascht mich bei Lesen selbst.

      Meine Mutter sagte immer, "watt für ein Schmierlapp" und sie hatte recht.

      Sein Problem als Moderator ist dabei heute wie damals unverändert zweierlei:

      Nicht nur nimmt er sich ernst, er nimmt sich ernster als seine Gäste.
      Immer.

      Ich versuche mal mein grundsätzliches Problem mit dem Konzept "Wetten dass?!" von einem anderen Ansatz her zu erklären:

      Es gibt im amerikanischen Film den Begriff "fan service".

      Bei der Fortsetzung eines erfolgreichen Blockbuster-Franchise haben die Macher immer zwei Möglichkeiten:

      1. Man achtet die Vorgänger baut aber auf ihnen eine neue eigene Geschichte auf.
      Ich liebe es, wenn das gemacht wird.
      Das beste Beispiel aus der jüngeren Filmgeschichte ist Ghostbusters 2016.
      https://youtu.be/w3ugHP-yZXw
      Ich liebe diesen Film und ich verachte die fetten, pickeligen fünfzigjährigen männlichen Jungfrauen, die ihn mit ihrer frauenfeindlichen und denkfaulen Kritik in den Foren vernichtet haben.

      2. Fan Service.
      Man denkt den "neuen" Film von vornherein von Anfang bis Ende entlang der Wünsche genau dieser Zielgruppe.
      Da die eh keinen neuen Film wollen, dreht man regelrecht eine 1:1 Wiederholung.
      Die egal wie inzwischen alten Schauspieler tuen die alten Dinge und sagen die alten One-Liner auf.
      Knöpfe werden gedrückt.
      Plot-Points werden abgehakt.

      Ich verstehe, warum mensch das mag.
      Ich mag das auch.
      Aber ich will das nicht mögen.
      Nicht nur.
      Weil ich weiß, dass ich mehr, besseres verdiene als gepavlovt zu werden.
      In diesem Sinn ist "Wetten dass?! für mich kalt berechneter Fan Service.

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  2. Na klar war "Wetten dass ..?" Fan Service. Muss Fan Service aber per se schlecht sein? So war "Star Wars: Das Erwachen der Macht" meines Erachtens ein gelungener Star Wars-Film, gerade wegen des Fan Services. Wie hätte die Figur des Han Solo einen besseren Abschied erhalten können? Sie wurde einbezogen und fand einen würdigen Abgang.

    Die Frage ist auch, ob man überhaupt so rational urteilen sollte oder ob man sich nicht einfach mal über "Feel-Good-Momente" freuen oder über "No-Feel-Good-Momente" ärgern sollte. 😘

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