19 Februar 2023

Helau, ich bin dann mal wieder weg

als Westfale , der seit 2000 in Mainz lebt, erkenne ich an, dass sich die Zugkraft der Mainzer Fastnacht auf kaufkräftige Besucher aus dem ganzen Bundesgebiet für den ortsansässigen Einzelhandel immer noch lohnt.

Aber das "noch" in dieser Tatsache wird über die Jahre immer spannender, je mehr sich das Erlebnis Fastnacht verändert.

Dieses Erlebnis entwickelt inzwischen eine gleichzeitige Gegenkraft, die Menschen aus der Stadt drückt, auf ihrer Flucht vor Karneval.

Dieser Gegendruck wird stärker, je weiter sich die Gebräuche des Sitzungskarnevals des Geldadels in seinen Festsälen vom Karneval des Volkes in den Straßenzügen entfernen.

Der Sitzungskarneval wird mehr und mehr zur Selbstfeier einer gesellschaftlichen Schicht, ihrer überlieferten Gebräuche und der über diese gerechtfertigten Besitzstände.

Gleichzeitig kehrt der Straßenkarneval mehr und mehr zu seinen ungehemmten, umstürzlerischen Ursprüngen des Mittelalters zurück.

Beides ist in der Entwicklung der gesamten Gesellschaft folgerichtig begründbar.

Das eine hat, entgegen alle anderslautenden Beschwichtigungen, seit langem nichts mehr mit dem anderen gemeinsam.

Die Bedrohung des sozialen Friedens durch diese Trennung ist erreicht, wenn Geschäfte sich zum Schutz vor besoffenen Gewalttätern entlang der Züge einzäunen müssen.

Sie ist erreicht, wenn friedliche Zuschauer am hellen Tag auf offener Straße nur durch polizeiliche Gegengewalt vor der Gewalt des Karnevals beschützt werden können.

Noch ist der Karneval unterm Strich trotzdem ein lohnendes Geschäft.

Ich sitze, wie seit vielen Jahren, im Zug raus aus Mainz.

Ich bin, bis zu meiner Rückkehr, in Sicherheit.

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