26 Februar 2012

Erwachen im unheimlichen Tal - Glauben elektrische Schafe an Gott?



Das Video das Kevin Kelly hier vorstellt, bleibt auf den ersten Blick nicht mehr, als eine unterhaltsame Neuigkeit.

Wir schauen zwei virtuellen Automaten dabei zu, wie sie einerseits Alan Turings Vorstellung von künstlichem Verstand nachahmen, andererseits daran ebenso scheitern, wie an ihrem Versuch zu leugnen, dass sie Automaten sind.

Unser Verhältnis zu dieser Anordnung hat mehrere Ebenen.

Nur vordergründig sind wir bloß unbeteiligte Betrachter. Vor unseren Augen läuft eine Schleife von Rückkoppelungen zweier künstlicher Mechanismen ab, scheinbar ohne Bezug zu uns und ohne Wirkung auf uns.

Wir betrachten das Geschehen aus einer sicheren Entfernung.

Das in sich geschlossene Gespräch der Maschinen lässt uns übersehen, das es eine Nachahmung unseres Selbst ist, um uns geht, uns angeht.

Die bedrohliche Nähe der Nachahmung  wird hinter einer überbetonten Künstlichkeit vor uns versteckt.

Die Nachahmung wirkt harmlos, weil sie uns so ständig ihrer Künstlichkeit vergewissert.

Wir hören beruhigend künstliche Stimmen. Wir sehen beruhigend künstliche Gesichter.

Das ist nicht menschlich. Das bin nicht ich.

Doch was, wenn man uns die gefühlte Sicherheit künstlicher Stimmen und Gesichter nähme?

Was, wenn wir von diesem Streitgespräch der Maschinen nichts weiter hätten, als eine schriftliche Aufzeichnung?

Wie beim echten Turing Test könnten wir über nichts anderes auf die Beteiligten schlussfolgern, als über den reinen Text.

Anders als beim echten Turing Test könnten wir nicht mehr selbst in das Gespräch eingreifen, durch eigene Fragen entdecken, welcher der Beteiligten Mensch, welcher Maschine ist.

Wären wir unter diesen Umständen wirklich immer noch in der Lage, diese Frage zweifelsfrei für uns zu beantworten? Auch dann noch, wenn wir Protokolle von Streitgesprächen über den Glauben an Gott lesen würden, einem Mem, dass wir gelernt haben, aufs Engste mit dem Wesen der Menschlichkeit zu verbinden?

Könnten wir die Nachahmung der Menschlichkeit noch als solche erkennen, wenn uns jeder Maßstab für ihre Fremdheit, ihren Grad der Ähnlichkeit genommen wäre?

Oder stünden wir einsam und verloren in einem unheimlichen Tal?

Der klassische Turing-Test gesteht Maschinen Intelligenz zu, die in uns den Eindruck erwecken, sie seien menschlich.

Er geht dabei von einem Gespräch zwischen Mensch und Maschine in Echtzeit aus.

Unter dieser Bedingung hat bis heute noch keine Maschine den Test bestanden.

Aber hat die Entwicklung künstlicher Intelligenz seit 1950 die Grenzen dieser Bedingung nicht längst hinter sich gelassen, überwunden?

Täuschen wir uns über den tatsächlichen Entwicklungsstand künstlicher Intelligenz, indem wir uns an Maßstäbe ihrer Bestimmung klammern, die tatsächlich längst überholt, selbst künstlich sind?

Ahnen, fürchten wir, aus unserer Selbsttäuschung in einer Wirklichkeit zu erwachen, die längst ein unendliches, unheimliches Tal ist, getarnt als Disney-Freizeitpark?

Diese Wirklichkeit ist bevölkert von Automaten, die mit uns andauernd menschenähnliche Gespräche führen können, eben weil wir ihre Ähnlichkeit zu ihrem Vorbild, uns, hinter der Automaten-Fassade vor uns selbst verschleiern.



Ist uns das kokette Spiel mit dem Glauben an das Menschliche im Automaten angenehmer, als die harte Gewissheit seiner tatsächlichen Menschenähnlichkeit?

Haben Sie ihr Telefon schon gefragt, ob es an Gott glaubt?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen