16 Oktober 2010

MOTU PROPRIO UBICUMQUE ET SEMPER - Das neue Ministerium der Liebe, wirklich immer und überall?



Die unablässigen Bemühungen des Papstes um die verlorenen Schafe seiner Herde Menschheit, wirken immer wieder, so auch hier, auf den ersten Blick beeindruckend.
Auch als Ungläubiger kann man der Analyse nur zustimmen, dass mit der globalen Erosion des Glaubens als einem tragenden Fundament eines funktionierenden Gemeinwesens, nicht nur die Allgemeingültigkeit römisch-katholischer Wahrheiten wie dem „Glauben an Gott, den Schöpfer und Erhalter, die Offenbarung Jesu Christi als des einzigen Erlösers“ mehr und mehr in Frage gestellt wird.

Sofern sie bisher nur im memetischen Kontext römisch-katholisch christlicher Traditionen getragen und erhalten wurden, werden mit diesen auch grundsätzliche, geteilte Werte von einem friedlichen Nebeneinander, Miteinander und Füreinander mehr und mehr zerrüttet.

Der moderne Mensch hat in den letzten Jahrhunderten gelernt, Partnerschaft, Familie und Gemeinde ausschließlich als lästige Hindernisse zu begreifen, die auf dem Leidensweg zur endgültigen Erlösung des heiligen gnostischen Individuums aus dem Weg geräumt, zerstört werden müssen.

Zehn Jahre im 21. Jahrhundert hat zumindest die sogenannte 1. Welt ihre Befreiung in diesem Sinn nahezu vollständig vollzogen. Partnerschaft, Familie und Gemeinde sind hier immer weniger feste Bindungen, werden immer mehr zu auf Bedarf austauschbaren Optionen für Lebensabschnitte, frei von Gehalt und Halt.

Das Problem: Als diese Strukturen noch Bindungen waren, boten sie viel mehr als nur Enge. Das weltliche Dasein des Menschen, das mit dem wachsenden Bewusstsein eines riesig weiten Universums immer kleiner und bedeutungsloser wirkte, behielt durch diese Bindungen Sinn, Wert und Ziel.

Der von ihnen befreite Mensch ist dazu verdammt, immer wissender, mächtiger, älter und einsamer zu werden.

Rationalismus und exakte Wissenschaften, in deren Namen die Werte der menschlichen Gemeinschaft dem Ideal des Individuums geopfert wurden und werden, entziehen sich weiter ihrer Verantwortung, die so gewachsenen „inneren Wüsten des Relativismus“ mit Sinn stiftenden Alternativen zurück zu drängen.

Statt dessen leugnen sie die ethische Verarmung an sich und deuten sie zum Fortschritt um.

An diesem Punkt wird nicht mehr nur der Erhalt religiöser Gemeinschaften, sei es die römisch-katholische oder irgend eine andere, in Frage gestellt.

Von hier an ist der Fortbestand menschlichen Gemeinwesens als Grundlage von Kultur an sich bedroht.

Egal ob Christ, Muslim, Jude oder Atheist; man muss der römisch-katholischen bei diesem angekündigten Versuch einer zweiten, diesmal konzertierten, Reformation allen möglichen Erfolg wünschen, möchte man übermorgen noch in einer Welt mit dem Wertkonsens von heute leben.

Allein, ist der Vatikan in der Lage und bereit, wirklich alles zu tun, was dafür notwendig ist?

Der erwartungsgemäß hohe Organisationsgrad ist selbstverständlich, aber er reicht nicht.

Ist die Kirche bereit, die Sicherheit ihrer Tempel zu verlassen und ihren verlorenen Schafen wirklich überall zu begegnen, wo diese heute Zuflucht suchen. Folgt sie ihnen wirklich bis in die sozialen Netzwerke, bis in die Darkrooms, bis auf die Börsenparkette, bis auf die Drogenhöfe? Oder wartet sie doch weiter darauf, dass die Kinder den Weg zu ihrer Erlösung selbst suchen und finden?

Und dort angekommen; ist die Kirche wirklich bereit, ihre Werte mit den Menschen in deren Sprachen und in Anerkennung von deren Wirklichkeiten neu zu verhandeln? Auch diese Reformation, konzertiert oder nicht, wird der Vatikan nicht allein zu seinen Bedingungen bekommen. Kirche kann nicht ändern, ohne sich zu ändern.

Ist die Kirche wirklich bereit, ebenso viel zuzuhören, wie zu verkünden?

Was ist das Angebot der Kirche an das Jetzt und Hier? Wird es mit einer einladenden, verbindlichen Stimme vorgetragen, oder verschreckt man nur wieder die, die man doch gewinnen muss?

All das muss der römisch-katholischen Kirche zusammen gelingen, will sie die ihr selbst gestellte Aufgabe wirklich bewältigen. 7 Tage der Woche, 24 Stunden am Tag, weltweit.

Die Ergebnisse ähnlicher, früherer Bemühungen sind immer noch entmutigend.

Gleichzeitig ist die Gegenseite in allen Punkten längst viel weiter.

Versagt der Vatikan hier weiter, ist das für die weitere Entwicklung einer globalisierten Ethik nicht schade, sondern dramatisch.

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